Vor ihrem Hingang in den Himmel, ging die Gottesmutter noch einmal zu den heiligen Stätten um sich zu verabschieden. Auf dem Kalvarienberg verweilte sie längere Zeit, indem sie ihren göttlichen Sohn anflehte, er möge seinen Tod und sein Erlösungswerk, das er an dieser Stätte vollbracht, an allen erlösten Seelen wirksam sein lasse. Daraufhin kam ihr heiligster Sohn persönlich vom Himmel hernieder und erschien ihr an diesem Orte. Er sagte: Ich gebe dir das Versprechen, dass ich für die Menschen freigebig sein werde und ihnen meine unaufhörlichen Gnadenhilfen angedeihen lassen werde, damit sie durch ihren freien Willen und durch die Kraft meines Blutes die Glorie verdienen, die ich für sie bereithalte. Im Himmel sollst du ihnen Mittlerin und Fürsprecherin sein. Ich aber werde alle diejenigen, welche deiner Fürsprache vertrauen, mit den Schätzen meiner Gnade und mit unendlichen Erbarmungen überhäufen. Die Muttergottes dankte ihm warf sich Jesus zu Füßen und bat ihn um den Segen, den er ihr erteilte und kehrte dann zur Rechten seines ewigen Vaters zurück. Drei Tage vor dem glückseligen Hinscheiden der Muttergottes hatten sich die Apostel und Jünger im Abendmalshause eingefunden. Sie redete die ganze heilige Versammlung an : Nach Gottes heiligen und ewigen Willen gehe ich nun hin in die himmlischen Wohnungen, aber ich verspreche euch als Mutter, immer noch gegenwärtig zu sein. Ich empfehle euch die Ehrfurcht und Lobschätzung für meinen Sohn, das Andenken an sein Leben, Leiden und Sterben und die Befolgung seiner ganzen Lehre. O meine Kinder liebet die heilige Kirche, liebet aber auch euch einander selbst von ganzem Herzen, durch das Band der Liebe und des Friedens. Dann kam Jesus erneut dazu, ohne dass die Anderen es sahen. Maria warf sich anbetend vor dem Herrn nieder. Sie erweckte nun den letzten und tiefsten Akt der Selbsterniedrigung und Verdemütigung ihres ganzen Lebens. Mehr als jemals ein Mensch nach begangener Schuld sich gedemütigt hat verdemütigte und erniedrigte sich Maria, das reinste aller Geschöpfe, die Königin des Himmels. Jesus sprach: Meine liebste Mutter, nun ist die Stunde gekommen, in welcher du das sterbliche Leben und die Welt verlassen und eingehen sollst in meines Vaters Herlichkeit. Dort ist dir der Sitz bereitet zu meiner Rechten und in alle Ewigkeit wirst du dich dort erfreuen. Da du frei von jeder Schuld und Sünde bist, hat der Tod weder Erlaubnis noch Recht, dich zu berühren. Willst du nicht durch die Pforte des Todens gehen, so komm mit mir, um meiner Glorie teilhaft zu werden die du verdient hast! Die weiseste Mutter sagte, sie möchte wie Jesus auch, da sie ja alles immer mitgelitten hatte, auch jetzt durch die Pforte des Todes gehen und so ihm nicht unähnlich sein. Unser Heiland erteilte diesem Opfer und Willensentschluß seine Bewilligung. Maria sprach dieselben Worte, die ihr heiligster Sohn am Kreuze gesprochen hatte: In deine Hände, o Herr empfehle ich meinen Geist. Dann schloß sie ihre Augen und starb. Dieser glorreiche Hingang der großen Königin der Welt fand am Freitag nachmittags drei Uhr statt, also zur selben Stunde, in der ihr heiligster Sohn verschieden war. Es war der 13. Tag im Monat August. Maria zählte damals 70 Jahre. Die reinste Seele seiner Mutter zog Jesus unser Erlöser in den Himmel ein. Unter allen Sterblichen war Maria die einzige, bei der kein Grund vorlag, das besondere Gericht durchzumachen. Darum hatte sie auch keines zu bestehen. Von ihr wurde weder Rechenschaft über das Empfangene gefordert, noch wurde eine Untersuchung über sie angestellt. Die freiwillige Wahl des Todes war dem Herrn so wohlgefällig, dass er ein außerordentliches Vorrecht denen verlieh, welche in der Todesstunde Marias Vermittlung anrufen und den Herrn bitten, er möge um der Liebe willen mit welcher ich nach seinem Beispiele freiwillig den Tod wählte, ihnen helfen, dass alle dies in jener Stunde unter meinem besonderen Schutze stehen. Ich werde sie vor dem bösen Feinde beschützen, ihnen beistehen und helfen, sie vor dem Throne Gottes führen und dort für sie Fürbitte einlegen. Nach dem dritten Tage ihres Sterbens , war es wie bei Jesus, die Seele Mariens kam auf die Erde zurück um in ihren heiligen Leib sich wiederum zu vereinigen. Jesus unser Heiland und die Seele seiner heiligsten Mutter zur Rechten kamen vom Himmel herab, mit vielen Engel und Heiligen. Jesus sprach: Meine Mutter ist ohne Erbsünde empfangen worden, damit sie aus ihrer reinsten, makellosen und jungfräulichen Substanz mich mit derselben menschlichen Natur bekleide, in welcher ich auf die Welt kam und die Welt von der Sünde erlöste. Es ist mein Wille, dass sie in allem mir ähnlich sei. Dann ging auf den Befehl ihres heiligsten Sohnes die reinste Seele Maria in den Leib ein und beseelte und erweckte ihn. Maria kam aus dem Grabe hervor, ohne dass der Stein mit dem dieses verschlossen war weggewälzt wurde, hervor. Es ist unmöglich die Schönheit und Herrlichkeit Marias und den Glanz ihrer Glorie zu beschreiben. Nun ordnete sich eine höchst feierliche Prozession, die unter himmlischer Musik vom Grabe aus durch die Lüfte empor, um in den Himmel einzuziehen. Es geschah dies zur selben Stunde, in der auch Jesus Christus auferstanden war. Unter Lobpreisungen der Engel und Heiligen gelangte Maria mit Leib und Seele zum Throne der allerheiligsten Dreifaltigkeit. (Auszüge aus der „Geistlichen Stadt Gottes“ von Maria von Agreda)
Schreibe einen Kommentar